1. Einführung
Die antimikrobielle Resistenz (AMR) - die Fähigkeit eines Mikroorganismus, gegen Antibiotika resistent zu werden, die eigens zu deren Bekämpfung entwickelt wurden - ist eine der größten Herausforderungen, vor denen der globalen Gesundheitspolitik heute steht. Der Missbrauch antimikrobieller Stoffe ist nach wie vor eine der Hauptursachen für AMR. In den vergangenen Jahren haben Länder auf der ganzen Welt erhebliche Fortschritte bei der Bekämpfung von AMR erzielt.
Seit langem werden Antibiotika (AB) auch in Futtermitteln (Fütterungsarzneimittel) eingesetzt. In den letzten zwei Jahrzehnten wurde die Verwendung von AB in Futtermitteln in vielen Ländern der Welt (gesetzlich) eingeschränkt. Der Schwerpunkt all dieser Rechtsvorschriften liegt auf der Lenkung im Hinblick auf AB-Rückstände. Im Rahmen des GMP+-Systems sind die Anforderungen an die Lenkung im Hinblick auf AB-Rückstände im Basisstandard enthalten.
Für Futtermittelhersteller, die noch einen Schritt weiter gehen wollen, enthält das GMP+-System einen zusätzlichen Standard, der auf die Gewährleistung abzielt, dass es in der Produktionsstätte überhaupt keine AB gibt. In der Folge sind alle hergestellten Futtermittel frei von AB.
Der Standard ist aus einer niederländischen Initiative von etwa 2010 hervorgegangen. Mit der Zertifizierung kann der Futtermittelhersteller nachweisen, dass keine Antibiotika im Futtermittel enthalten sind.
Dieses Dokument trägt die Bezeichnung TS 2.2 Antibiotika-freie Futtermittel und ist Teil des „GMP+ FSA“-Moduls.
2. Anwendungsbereich, Anwendung und Zertifizierung
2.1. Anwendungsbereich & Anwendung
Dieser Standard enthält die Anforderungen an die Herstellung und Lieferung antibiotikafreier Futtermittel.
Der vorliegende Standard kann als Ergänzung zum GMP+-Basisstandard für jedes Unternehmen mit mindestens einem der folgenden zertifizierten GMP+-Anwendungsbereiche angewendet werden:
- Herstellung von Mischfuttermitteln
- Herstellung von Vormischungen
- Herstellung von Einzelfuttermitteln
- Herstellung von Zusatzstoffen.
Dieser Standard kann nicht eigenständig angewendet werden.
Die Anwendung dieses Standards als Ergänzung zu einem Futtermittelherstellungsstandard eines gleichwertigen Zertifizierungssystems ist ebenfalls möglich (siehe TS1.2 Beschaffung).
Hilfreicher Tipp
Wenn der Futtermittelhersteller nach einem anderen als einem in TS1.2 Beschaffung genannten Standard zertifiziert ist, kann das Unternehmen GMP+ International bitten, diesen als Basisstandard zu anzuerkennen. Das Unternehmen muss nachweisen, dass durch die Anwendung des entsprechenden Standards ein gleichwertiges Managementsystem angewandt wird.
2.2. Zertifizierung
Die Zertifizierung erfolgt für jede einzelne Produktionsstätte des Unternehmens, ähnlich wie die Zertifizierung nach anderen GMP+-Standards.
Die Zertifizierung nach diesem Standard wird in der Unternehmensdatenbank von GMP+ International registriert und mit einem GMP+-Zertifikat bestätigt. Der Anwendungsbereich ist auf dem Zertifikat und in der GMP+ Unternehmensdatenbank klar angegeben.
Die Zertifizierung nach diesem Standard ist für GMP+ zertifizierte Unternehmen nicht zwingend erforderlich.
3. Begriffe und Definitionen
Antibiotika: Ein Antibiotikum ist ein Stoff mit unmittelbarer Wirkung auf Bakterien, der zur Therapie oder Abwehr von Infektionen oder Infektionskrankheiten eingesetzt wird. (Quelle: Verordnung (EU) 2019/6 über Tierarzneimittel)
Produkte, die als Zusatzstoffe zur Hemmung oder Abtötung von Protozoenparasiten, die Kokzidiose bei Geflügel und Kaninchen verursachen, zugelassen sind, fallen nicht in den Anwendungsbereich dieses Standards TS2.2.
Hilfreicher Tipp
Die obigen Angaben beziehen sich auf Erzeugnisse, die als Zusatzstoffe im Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 zugelassen sind. Die Anwendungsbereiche sind in den Lizenzen aufgeführt. Siehe EU-Datenbank für Futtermittelzusatzstoffe .
Antibiotikafreies Futtermittel: Futtermittel, die in einer Produktionsstätte hergestellt werden, in der keine Antibiotika vorhanden sind oder verarbeitet werden.
Für weitere Definitionen siehe F0.2 Definitionsverzeichnis.
4. Anforderungen an antibiotikafreie Futtermittel
4.1. Allgemeines
Das nach GMP+ zertifizierte Unternehmen muss nachweislich die Anforderungen dieses Standards erfüllen, indem es das GMP+ Feed Safety Management System anwendet. Für die Anforderungen siehe das Dokument R1.0 Feed Safety Management Systems Requirements.
Wenn andere Gefährdungen identifiziert werden, die ein Risiko für die Erreichung der Ziele dieses Standards darstellen können, müssen auch diese angemessen gelenkt werden.
Hilfreicher Tipp
Dieser Standard kann ausschließlich als Ergänzung zum GMP+-Basisstandard R1.0 Feed Safety Management Systems Requirements (oder gleichwertig, siehe Abschnitt 2.1) angewendet werden. Die spezifischen Anforderungen an die Herstellung und Lieferung antibiotikafreier Futtermittel müssen mit Hilfe des Feed Safety Management System (FSMS) gemäß R1.0 Feed Safety Management Systems Requirements erfüllt werden.
Wesentliche Elemente des FSMS, die verwendet werden können, sind:
- Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Befugnisse
- Identifizierung und Lenkung von Risiken mit Hilfe des Präventivprogramms oder eines HACCP-Plans
- Überwachung
- Lenkung von nicht konformen Produkten und Prozessen
- Internes Audit
- Fortlaufende Verbesserung
- Dokumentation und Aufzeichnung
4.2. Antibiotikafreie Futtermittelproduktionsstätte
Um sicherzustellen, dass am Produktionsstandort nur AB-freie Futtermittel hergestellt werden, gelten die folgenden Anforderungen:
Das nach GMP+ zertifizierte Unternehmen darf keine Antibiotika oder antibiotikahaltigen Produkte:
- entgegennehmen
- auf Lager haben (auch nicht in Konsignation)
- verarbeiten und verpacken
- lagern und/oder transportieren.
Das nach GMP+ zertifizierte Unternehmen muss Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass alle eingehenden Futtermittelinhaltsstoffe und -produkte frei von Antibiotika sind und zu keinem Risiko für eine AB-Kontamination der hergestellten und gelieferten Futtermittel führen. Diese Maßnahmen müssen auf der Grundlage einer HACCP-Studie getroffen und entsprechend überwacht werden.
Hilfreicher Tipp
Befinden sich mehrere Futtermittelherstellungsunternehmen an derselben Adresse, müssen diese Unternehmen räumlich vollständig voneinander getrennt sein, es sei denn, sie sind alle nach dem vorliegenden Standard TS2.2 zertifiziert. Aus der Kennzeichnung muss hervorgehen, welche Produktionsstätte nach TS2.2 zertifiziert ist.
4.3. Transport und Lagerung
4.3.1. Transport
Der Transport loser AB-freier Futtermittel muss den geltenden GMP+-Anforderungen entsprechen. Dies beinhaltet die Anwendung eines risikobasierten Ansatzes (HACCP), bei dem zumindest die IDTF-Anforderungen erfüllt sind.
Ungeachtet der Ergebnisse der HACCP-Studie gelten die folgenden Anforderungen:
- Wenn der Frachtraum für den Transport eines antibiotikahaltigen Produkts verwendet wurde, muss das zertifizierte Unternehmen - um eine mögliche Kontamination zu vermeiden - das IDTF-Reinigungsverfahren C anwenden, bevor der fragliche Frachtraum wieder für den Transport AB-freie Futtermittel verwendet werden darf.
- Der Transport von AB-freien Futtermitteln und antibiotikahaltigen Futtermitteln/Produkten in getrennten Schüttgutzellen eines Schüttgutaufliegers oder -Lkws ist nicht zulässig.
Anmerkung: Nach dem vorliegenden Standard ist es dem Unternehmen nicht verboten, die Frachträume auch für den Transport anderer Futtermittel oder anderer Produkte zu nutzen. Eine ordnungsgemäße Reinigung ist dann eine Voraussetzung.
Der Transport verpackter AB-freier Futtermittel muss den geltenden GMP+-Anforderungen entsprechen.
Von einem Dritten unter Verantwortung des nach GMP+ zertifizierten Unternehmens durchgeführte Transporte
Sofern das zertifizierte Unternehmen einen Transport durch einen Dienstleister in Anspruch nimmt, muss das zertifizierte Unternehmen mit dem Dienstleister vereinbaren, dass der Transport die oben beschriebenen Anforderungen erfüllt.
Transporte, für die Dritte verantwortlich sind ( Ex Works, EXW, Incoterms® 2020 )
Sofern eine dritte Partei für den Straßentransport verantwortlich ist, muss das nach GMP+ zertifizierte Unternehmen Vorbeugungsmaßnahmen ergreifen, um zu verhüten, dass das Futtermittel während des Transports mit Antibiotika in Kontakt gerät.
Sofern ein Kunde das zertifizierte Unternehmen anweist, eine Partie auf ein Transportmittel zu verladen, das das zertifizierte Unternehmen nicht für geeignet hält, muss das zertifizierte Unternehmen den Kunden benachrichtigen und vor dem Verladen eine schriftliche Bestätigung der Anweisungen des Kunden einholen. Die Kopien von der betreffenden Korrespondenz müssen aufbewahrt werden.
4.3.2. Lagerung
Sofern das zertifizierte Unternehmen die Lagerung von AB-freien Futtermitteln auslagert, muss das zertifizierte Unternehmen mit dem Dienstleister vereinbaren, dass eine antibiotische Kontamination von AB-freien Futtermitteln während der Lagerung ausgeschlossen ist.
Als Mindestanforderung gilt, dass der Lagerungsdienstleister eine Erklärung ausstellen muss, dass in dem Unternehmen keine (losen Futtermittel mit) Antibiotika gelagert werden.
4.4. Kennzeichnung
Das GMP+-zertifizierte Unternehmen muss den Kunden über den Status des Futtermittels informieren, indem es auf dem Etikett oder einem anderen Lieferdokument Folgendes angibt:
„Antibiotikafreies Futtermittel“
Hinweis: Diese Kennzeichnungspflicht gilt auf jeden Fall dann, wenn das Futtermittel an Kunden geliefert wird, die antibiotikafreie Futtermittel verlangen.
4.5. Überwachung
Zur Überwachung des Nichtvorhandenseins von AB müssen in regelmäßigen Abständen Futtermittelproben entnommen und auf das Vorhandensein von Antibiotika analysiert werden.
4.5.1. Probenahme
Die Probenahme muss von einer unabhängigen, qualifizierten Person vorgenommen werden. Die Probenahme muss den zutreffenden Anforderungen aus TS1.6 Beprobung entsprechen.
Hilfreicher Tipp
TS1.6 enthält unter anderen Anforderungen an die Probenahmemethode, die Stelle der Probenahme, das Probenmaterial/die Ausrüstung, die Probenlagerung und die Aufzeichnungen.
Hilfreicher Tipp
Eine unabhängige Person ist eine Person, die eine unparteiische Position in Bezug auf die Herstellungstätigkeiten innerhalb des Unternehmens einnimmt. Es kann sich jedoch auch um einen Mitarbeiter eines Dienstleisters handeln, beispielsweise einer Zertifizierungsstelle, einer Inspektionsstelle oder eines Labors.
Anzahl der zu analysierenden Proben:
im 1. Jahr | im 2. Jahr | ab dem 3. Jahr |
2 | 1 | 1 je zwei Jahre |
Anmerkung:
- 1. Jahr: das erste volle Kalenderjahr der Zertifizierung
- 2. Jahr (und folgende): das zweite und folgende Kalenderjahr der Zertifizierung
4.5.2. Analysierung
Das zertifizierte Unternehmen muss untersuchen, welche Antibiotika möglicherweise im Futtermittel enthalten sein könnten. In Appendix 1 sind die allgemein bekannten und verwendeten Antibiotika aufgeführt.
Die Proben müssen von einem anerkannten Labor (TS1.2 Beschaffung) unter Verwendung der LC-MS/MS-Methode auf das Vorhandensein dieser Antibiotika untersucht werden.
Hilfreicher Tipp
Wenn das Unternehmen eine andere Analysemethode verwenden möchte, kann es bei GMP+ International die Anerkennung dieser Methode beantragen. Das Unternehmen muss die Gleichwertigkeit mit der LC-MS/MS-Methode nachweisen, zumindest in Bezug auf wichtige Leistungskriterien wie Reproduzierbarkeit und Messunsicherheit.
4.5.3. Analyseergebnisse
Sofern in der Probe Antibiotika festgestellt werden, werden die Produkte als nicht konform betrachtet. In diesem Fall muss das nach GMP+ zertifizierte Unternehmen die Anforderungen aus dem „GMP+ FSA“-Modul in Bezug auf die Lenkung nicht konformer Futtermittel erfüllen (siehe R1.0 Feed Safety Management Systems Requirements, Abschnitt 8.7).
Das zertifizierte Unternehmen muss die Ergebnisse der Analyse in die GMP+ Monitoring database eingeben und sie (anonym) mit der GMP+ Community teilen.
Appendix 1: Liste mit Antibiotika
Diese Liste erhebt nicht den Anspruch, eine vollständige, geschlossene Liste von Antibiotika zu sein. Die Liste enthält die bekannten und am häufigsten verwendeten Antibiotika. Sie ist dazu gedacht, das zertifizierte Unternehmen bei der Ermittlung der zu analysierenden Antibiotika zu unterstützen.
Hilfreicher Tipp
Die GMP+-Support-Dokumente enthalten Verweise, die bei der Ermittlung der zu analysierenden Antibiotika helfen können (siehe S9.34 FAQ Antibiotikafreie Futtermittel).
Antibiotika | |
Antibiotika - Beta-Laktam-Antibiotika | Antibiotika - Makrolide |
AmoxiciIlin | Erythromycin |
Ampicillin | Spiramycin |
Penicillin G | Tilmicosin |
Penizillin V | Tylosin |
Cloxacillin | Tylvalosin |
Dicloxacillin | Tulathromycin |
Nafcillin | Antibiotika - Phenicole |
Oxacillin | Thiamphenicol |
Cephalexin | Florphenicol |
Cefapirin | Chloramphenicol |
Cefazolin | Antibiotika - Tetracycline |
Cefoperazon | Chlortetracyclin |
Cefquinom | Doxycyclin |
Ceftiofur | Oxytetracyclin |
Antibiotika - Chinolone | Tetracyclin |
Danofloxacin | Antibiotika - Pleuromutiline |
Difloxacin | Tiamulin |
Ciprofloxacin | Valnemulin |
Enrofloxacin | Antibiotika - Lincosamide |
Flumequin | Lincomycin |
Marbofloxacin | Antibiotika - Sulfonamide |
Oxolinsäure | Sulfamonomethoxin |
Sarafloxacin | Sulfadimethoxin |
Norfloxacin | Sulfapyrimidin = Sulfadiazin |
Cinoxacin | Sulfamethoxazol |
Antibiotika - Aminoglykoside | Sulfathiazol |
Apramycin | Sulfamerazin |
Neomycin | Sulfamethazin = Sulfadimidin |
Paromomomycin | Sulfadoxin |
Spectinomycin | Sulfamethoxypyridazin |
Dihydrostreptomycin | Antibiotika - sonstige |
Gentamicin | Amprolium |
| Colistin |
Trimethoprim | |
Gamithromycin |
Risk Management tools
That was a lot of information to digest, and one might ask, what is the next step? Luckily, we can offer support for the GMP+ Community when doing this. We provide support by means of various tools and guidances but as each company has a shared responsibility to feed safety, and therefor tailor-made solutions cannot be offered. However, we do help by explaining requirements and provide background information about the requirements.
We have developed various supporting materials for the GMP+ Community. These include various tools, ranging from Frequently Asked Questions (FAQ) lists to webinars and events.
Supporting materials related to this document (Guidelines and FAQ’s)
We have made documents available which give guidance to the GMP+ requirements as laid down in the module GMP+ FSA and GMP+ FRA. These documents give examples, answers to frequently asked questions or background information.
GMP+ Monitoring database
The GMP+ Monitoring database contains analysis results from you and other users. It is possible to generate reports based on this data. We have a manual and a frequently asked questions document available.
Where to find more about the GMP+ International Risk Management tools? Fact sheets More information: GMP+ Platform Product list More information: Product List Risk Assessments More information: GMP+ Platform GMP+ Monitoring database More information: GMP+ Monitoring database Support documents More information: Support documents |